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Christin Frühling – Innovationsmanagement in Schweizer Spitälern

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Zu Gast in dieser Podcast Episode ist Christin Frühling, ehemalige MAS Studentin von Alfred Angerer und Stefan Lienhard im MAS Managed Health Care der ZHAW und erfolgreiche Absolventin der Masterarbeit Innovationsmanagement in Schweizer Spitälern – Eine Analyse des Status Quo anhand des «House of Innovation», um die es heute gehen soll. Passend zu dieser Thematik arbeitet Christin Frühling nach ihrer 12-jährigen Tätigkeit als Physiotherapeutin und einer langen Station an der Schulthess Klinik nun in der Klinik Hirslanden als «Senior Spezialistin Corporate Development & Innovation».
In ihrer Masterarbeit befragte sie Expertinnen und Experten aus dem Innovationsmanagement von Schweizer Spitälern und erhob Informationen zur Implementierung des Innovationsmanagements in den betreffenden Spitälern sowie die beeinflussende Rolle und Relevanz des Innovationsmanagements, indem sie zentrale Fragen stellte wie diese hier:
– Was verstehen Spitäler unter dem Begriff Innovation und Innovationsmanagement?
– Wieso ist es für Spitäler wichtig, Innovationsmanagement zu betreiben?
Kernergebnis dieser Arbeit zeigte, dass sich die interviewten Spitäler im Aufbau des Innovationsmanagements befinden.

Hören Sie in diese Podcast-Episode und erfahren Sie mehr über die Ergebnisse der qualitativen Datenerhebung und darüber, was sich genau hinter dem House of Innovation verbirgt.

Fragen und Antworten

Die Zusammenarbeit mit den Menschen und die Bereitstellung der Hilfe zur Erreichung der Patientenziele war für Christin Frühling das Schöne am Beruf der Physiotherapeutin. Ermüdend bzw. störende an diesem Beruf ist das immer wiederkehrende Anstossen an denselben Problemen in dieser Branche. Der Wunsch ist sich regelmässig weiterzubilden, führte dann zur Weiterbildung ausserhalb des Physio-Kosmos.

Ja. Nach der Informationsveranstaltung zu den Möglichkeiten im Bereich der Weiterbildung wurde klar, dass das MAS seinen Reiz hat. Zudem bietet die ZHAW und das MAS die Möglichkeit ohne vorhergehendes Bachelorstudium als Quereinsteiger ein Studium zu absolvieren.

Dieser Bereich beinhaltet die Mitverantwortung von Projekten. Im ersten Projekt bezog sich dies auf die Teilprojektleitung zum elektronischen Patientendossier. Ein weiteres Projekt ist die Online-Terminvergabe bei Spezialistinnen und Spezialisten. Seit neustem läuft ein Impfprojekt, das sich mit Prozessen auf digitaler Ebene beschäftigt. Hier findet eine Mitbetreuung der Prozesse und Systeme durch Christin Frühling statt.

Zu Beginn war das Thema Innovationsmanagement für Christin Frühling in Theorie und Praxis sehr fremd. Aus diesem Grund fand zunächst eine Literaturrecherche zum Stand in der Schweiz statt.

Das House of Innovation hat einen gewissen Modellcharakter. Es beinhaltet einzelne Elemente wie die Innovationsstrategie, -struktur und -organisation sowie die Innovationskultur und enabling factors oder Ressourcen. Diese Inhalte konnten in der Theorie zu Spitälern und Innovationsmanagement nicht gefunden werden konnten.

Die Theorie ist nicht sehr stark besetzt in der Kombination von Innovationsmanagement und Gesundheitswesen. Es liess sich wenig finden, wie quantitativ gemessen werden könnte. Die Frage war zudem, ob in Spitälern bereits Daten vorhanden gewesen wären. Die Theorie sagt somit zu wenig, wie gemessen werden könnte. Aus diesem Grund wurde der qualitative Weg in Form eines Leitfadens eingeschlagen.

Die Suche wurde anders gestaltet. Es wurde selektiert, welche Spitäler ausgewiesener Massen bereits Innovationen verfolgen. Diese Spitäler waren den Anfragen zur Thesis sehr offen gegenüber.

Die Frage nach dem Verständnis von Innovation und Innovationsmanagement war Teil der Masterarbeit. Je nach befragter Personengruppen kommen teils sehr spezifische Antworten. Die Definition von Innovation sollte auf verschiedenen Ebenen des Spitals geschaffen und ausgetauscht werden. Die Antworten auf die Verständnisfragen beinhalteten jedoch immer einen Aspekt der Digitalisierung. Ein wichtiger Punkt des Inselspitals war, dass Innovation nicht immer gleichzusetzen ist mit Forschung. Forschung ist das, was aus neuen Technologien für einen Behandlungs- oder Untersuchungsprozess entwickelt werden kann. Aber die Implementierung in den Alltag und die Veränderung der Kultur ist das Innovationsmanagement.

Es geht weiter noch um die Handlungsfelder. Es stellen sich Fragen wie: «Was wollen Spitäler machen? Wieso ist Innovation im Spital wichtig?»

Die einzelnen Elemente des House of Innovation können diese Fragen präzisieren. Beim Element der Kultur könnte dies beispielswese folgende Frage sein: «Wie soll die veraltete Kultur im Spital verändert werden, um von Mitarbeitenden als innovativ wahrgenommen zu werden?» Die Kultur ist ein Spiegel nach aussen und kann dazu beitragen Fachkräfte anzuwerben. Weiter war die Relevanz des Innovationsmanagement für Spitäler ein Teil der Arbeit.

Universitätsspitäler weisen andere Strukturen und Infrastruktur wie kleinere Spitäler auf. Dort werden Innovationsplattformen geschaffen, um die sich als Team in Kooperation mit Start-ups gekümmert wird. Das Ziel dahinter ist meist die Implementierung im Spital.

Den Stimmen der Expertinnen und Experten folgend findet diese Veränderung statt. Dies kann beispielsweise die Einsatzplanung wie in anderen Branchen bereits umgesetzt sein. Administration wird in der Planung definitiv berücksichtigt.

Einerseits gibt es interne Start-ups, die wie eine eigenständige Firma deklariert werden. Anderseits gibt es externe Start-ups, welche ebenfalls auf den Innovationsplattformen auftauchen. Es stellt sich hier die Frage, ab welchem Entwicklungsstadium externe Start-ups involviert werden sollen. Die frühen Start-ups sind meist nicht ganz so attraktiv für mittlere und kleine Spitäler. Dahin gegen zielen die Universitätsspitäler oft auf die frühen Start-ups ab und möchten Teil der Entwicklungsprozesse sein.

Es gibt die Seite des Wollens und Könnens, auch als Willensbarrieren bezeichnet. Auf Grund einer komfortablen Position ist der Wille zur Handlung und Veränderung hierbei eingeschränkt. Die Gründe sowie betroffenen Berufsgruppen dieser Willensbarrieren gilt es zu identifizieren. Auf dieser Basis können die entsprechenden Personen überzeugt und abgeholt werden.

Die andere Seite sind die Fähigkeitsbarrieren. Hierbei geht es um das Know-How in einem Spital. Das medizinische Know-How ist in den Spitälern vorhanden, technisches und prozessuales kann ergänzend von aussen kommen.

Mitarbeitende können den Anstoss geben, was verändert werden soll. In einem Team zeigt sich durch die unterschiedlichen Charaktere die Diversität der Themen. Zudem handelt es sich immer um eine Verbindung von Kliniken, Innovationsteam und Unternehmensstrategie. Auf diese Weise können bottom-up und top-down Ideen verbunden und Schnittstellen identifiziert werden.

Die interviewten Personen kommen oftmals aus anderen Kontexten. Alle Spitäler waren an unterschiedlichen Punkten. In einem Spital wurden Workshops durchgeführt und dann festgestellt, dass die angedachte Struktur nicht funktioniert. Es kam zur Auflösung und Umgestaltung des Innovationsmanagements. Ein anderes kleineres Spital war sehr schnell unterwegs und hatte bereits viele parallele Projekte laufen. Das Commitment und die Initiative für das Innovationsmanagement kamen hier von oberster Stelle des Spitals. Der treibende Faktor war somit an oberster Stelle verortet.

Die Leitung ist das wichtige. Es muss klar sein, mit wem gesprochen werden muss, um das Commitment für ein solches Vorhaben zu erhalten. Die Spitäler haben in ihren Strukturen bereits Fachpersonal für die eigenen Arbeitsbereiche. Diese haben den besten Blick auf die Probleme alltäglicher Prozesse. Es gilt dann herauszufinden, welche Mitarbeitenden mehr noch den Wunsch zu Veränderung haben. Dabei muss klar sein, dass es sich um ein miteinander handelt. Diesen Kontext gilt es, in eine Überzeugung zu bringen und in der Kultur bei den Mitarbeitenden zu verankern.

Als kleines Spital geht es vielfach um Kooperation, da es einen kleinen und eingeschränkten Rahmen hat, in dem sich bewegt werden kann. Kooperation ermöglichen Leistungserbringenden Erweiterungen des Angebots und der patient journey. Hierbei können ebenfalls Start-ups eingebunden werden. Es muss jedoch zuvor klar sein, was selbst erarbeitet wird und wie eine Beteiligung aussehen kann.

Eine Aufgabe der Führungspersonen und des Managements ist die Ideen der Mitarbeitenden aufzunehmen und nicht versanden zu lassen. Es gilt transparent darzustellen, wie die Ideen seitens Führungspersonen und Management bewertet werden. Die Mitarbeitenden mit Ideen sollten die notwendigen Ressourcen zur Erarbeitung erhalten.

Im Universitätsspital Basel werden Ideen schriftlich beim Innovationsteam eingereicht. Das Team bewertet die Idee und gibt diese frei für den Pitch am Future Friday. Dann wird die gepitchte Idee von den Mitarbeitenden des Universitätsspitals bewertet. Die Mitarbeitenden werden so direkt involviert und es findet hierdurch ebenfalls ein upskilling der Fähigkeiten der Mitarbeitenden statt.

Direkt wurde dies nicht befragt. Als Mitarbeitende ist der Wille zur Innovation über den ggf. gegebenen Widerstand der Führung zu spüren. Patientinnen und Patienten spüren die Veränderung der Art und Weise wie sich im Gesundheitswesen bewegt wird.

In der Theorie konnte nichts zur Messung des Erfolgs von Innovationen gefunden werden. Die Spitäler merken derzeit noch nichts Konkretes. Die Investition wird heute getätigt, aber die Spitäler werden erst in Zukunft sehen, ob sich diese rentiert. Für die Messbarkeit ist wichtig im Vorhinein klar zu stellen, auf was genau ein Einfluss genommen werden soll.

Umso kleiner ein Unternehmen ist, desto flexibler kann agiert werden. Kleine Unternehmen tragen in der Regel die Flexibilität in sich. Der Fokus muss bei kleinen Unternehmen zielgerichteter gesetzt sein. Dieser bezieht sich bereits darauf, ob Innovation umgesetzt werden soll oder nicht. Wenn keine Innovation betrieben wird ist dies ebenfalls eine strategische Haltung. Der Weg geht dann in Richtung sonstiger Optimierungen.

Innovation nähert sich der Haltung an, Fehler machen zu dürfen und Scheitern zu erlauben. Diese Haltung und Offenheit gilt es zu lernen, um Innovation voranzutreiben. Zudem sollte beim Scheitern klar kommuniziert werden, weswegen das Ziel nicht erreicht werden konnte.

In der Innovationskultur spielt Timing ebenfalls eine Rolle. Alles auf einmal loszutreten, sorgt mehr für Verunsicherung als für gute Ergebnisse. Es sollte zudem die Chance geben, Fehler nochmals zu verbessern und gescheiterte Projekte erneut anzugehen.

Die Innovationskultur beinhaltet zudem Freiräume, die Mitarbeitende während der eigentlichen Arbeitszeit für kreative Ideen nutzen können. In den Spitälern wurde jahrelang eher eine Art Null-Fehler-Kultur etabliert. Das Umdenken von dieser Kultur zu einer richtigen Fehlerkultur und dem Arbeiten mit nicht zu 100% ausgereiften Produkten stellt eine Herausforderung dar.

Innovation unterliegt einem gewissen Prozess. Mit einer Idee kann auf die Suche nach Lösungen gegangen werden. Teil davon sollte eine Marktanalyse sein. Dies bietet eine Grundlage zur Abschätzung des Investitionsvolumen. Es hilft zudem, über die Grenzen hinaus zu denken und sich z.B. im Ausland Inspiration zu suchen. Nach den ersten Recherchen geht die Idee in ein Projekt, oftmals ein Pilotprojekt, über. Hierbei wird getestet und die Bedürfnisse sowie Anforderungen konkretisiert. Es handelt sich also um einen Prozess der die Idee, eine Analyse, ein Testen und Implementieren beinhaltet.

Die vier Leuchtturm-Spitäler sind auf einem guten Weg und kooperieren bereits stark mit Start-ups. Spitäler stehen Innovation immer offener gegenüber.

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