Zum Hauptinhalt springen

Marketing im Gesundheitswesen

03 Steuern Kommunikation Leisten Kompetenzen Entwickeln Vertrieb Marketing Leistungerbringer Spitäler Management im Gesundheitswesen

Marketing bekommt ein stetig wachsenden Wert in der Strategie eines Spitals. Gutes Marketing schafft einerseits für Patienten einen Anreiz, das passende Spital zu wählen. Andereseits spielt Marketing auch für Arbeitnehmer und die Zuweiser eine wichtige Rolle. Dr. Florian Liberatore ist Dozent an der ZHAW für Management im Gesundheitswesen und berichtet darüber, dass Marketing viel mehr als nur Werbung ist. Besonders am Herzen ist ihm das Thema professionelles Zuweisermanagement.

Fragen und Antworten

Marketing beinhaltet nicht nur Werbung, sondern auch die Marktforschung, sowie die Ausgestaltung der Prozesse. Auch im Gesundheitswesen spielt Marketing beispielsweise im Zuweisermanagement eine grosse Rolle.

Die Patienten sollen unterstützt werden als souveräne Entscheider. Daher ist das Marketing im Gesundheitswesen grundlegend, damit die Patienten als Entscheidungsträger über alternativen Behandlungen und dem Spital informiert werden.

Die vielen Regularien im Gesundheitswesen sorgen für eine sachliche Informationsweitergabe, was das Marketing vom klassischen Marketing unterscheidet. Die Besonderheiten des Marketings liegen an der fehlenden Preispolitik, da diese über die Kostenträger im Gesundheitswesen laufen.

Zuweiser spielen eine entscheidende Rolle, da sie den zu behandelnden Patienten die Spitäler empfehlen und zuweisen. Ein strukturiertes Zuweisermanagement regelt die zielgruppenspezifische Zuweisung von Patienten. Das Zuweisermanagement bedarf ein eigenes Marketingsystem des Spitals. Durch Marktforschung werden die Bedürfnisse und Erwartungen der Zuweiser an das Spital erfasst.

In unseren Forschungs- und Beratungsprojekten merken wir, dass ein hoher Lernbedarf besteht. Das Zuweisermanagement läuft häufig informell über die Kontaktpflege der Ärzte zueinander. Ein systematisches Management für eine Standortbestimmung durch Zuweiserbefragungen vergleichend zu anderen Spitälern ist rar. Hierzu hat das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) ein Zuweiser-Befragungsinstrument entwickelt. Die Standortbestimmung stellt das Spital in Relation zu anderen Spitälern. Hierbei werden die relevanten Faktoren für die Zuweiser berücksichtigt.

Zuweiser werden im Gesundheitswesen als Kundengruppe betrachtet. Die Zuweiser stellen eine Vermittlerfunktion zwischen dem Patienten und dem Spital dar und haben deshalb eine Key-Account-Funktion. Aus Studien geht hervor, dass zweidrittel der Spitaleintritte vom Zuweiser geprägt sind.

Eine signifikant schlechtere Qualität erlaubt dem Zuweiser keine weiteren Empfehlungen. Auch schlechte Outcomes sprechen für sich. Die Qualität ist der erfolgversprechende Faktor. Das Marketing soll nur unterstützend fungieren.

Meist fehlen die passenden Strukturen, da das Zuweisermanagement noch informell läuft. Das Marketing hat meist nur den Patienten im Fokus und vernachlässigt die Zuweiser. Zuweiser fungieren als wichtigster Zugangskanal sowie auch die Notfallkanäle.

Ein Viertel der Patienten, die eine geplante Leistung in Anspruch nehmen, entscheiden selbst über ihre Spitalauswahl. Oft spielt die Standort- und Wohnortnähe, die Dringlichkeit und die Zuweiserempfehlung die entscheidende Rolle.

Ein extensiver Entscheidungsprozess, wie bei normalen Gütern, wird nicht angewendet, obwohl es bei der Spitalauswahl um ein grundlegendes Thema -der Gesundheit geht. Die Hauptursache liegt im schwer einschätzendem Qualitätsvergleich der Spitäler für Patienten und Patientinnen.

Die Qualitätskontrollen müssen standardmässig in den Qualitätsberichten auftauche. Diese werden von den Patienten und den Patientinen nicht genutzt. Qualitätsindikatoren können nicht beurteilt werden und verunsichern meist die Patienten und Patientinnen. Obwohl die jüngere Generation Medien nutzt, informiert sie sich dennoch bei vertrauenswürdigen Fachleuten.

Seriöse Patientenportale stellen Qualitätsindikatoren vergleichend auf und sollten keinen übergeordneten Qualitätsindex erstellen.

Patienten sollten besonders auf die fachliche Kompetenz der Zuweiser vertrauen können. In der koordinierten Versorgung wird der Patient durch interprofessionelle Zusammenarbeit durch Spezialisten an Spezialisten weitergeleitet. Im Case-Management entscheiden Spezialisten individuell zugunsten der optimalen Behandlung des Patienten. Eine Schulung des Patienten bezüglich Qualitätsindikatoren eines Spitals würde so überflüssig sein.

Wir müssen auf die regulatorischen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen vertrauen, bei der die Spitäler die Mindestanforderungen von Qualitätsindikatoren sowie Mindestfallzahlen einhalten müssen. Die Entscheidung des Patienten liegt demnach nur zwischen vergleichbaren Spitälern.

Mundpropaganda spielt eine Rolle, wenn ein ehemaliger Patient eine Spitalerfahrung gemacht hat. Ansonsten ist sie weniger relevant als Faktor.

Die Digitalisierung unter der Gewährleistung vom Patienten- und Datenschutz ermöglicht eine zielgenauere Ausrichtung auf das Individuum durch IT-gestützte Tools. Bei der Betrachtung der momentanen Trends und den regulatorischen Eingriffen dreht sich das Versorgungssystem weg von einzelnen Versorgungssystemen hinzu ganzen regionalen Versorgungssystemen. Das Marketing wird sich wohl verändern hinsichtlich der Versicherungs- und der damit verbundenen Versorgungswahl und weg von der Spitalwahl des einzelnen Patienten.

Kurzfristig sind folgende drei Empfehlungen abzugeben: Die Investition in das Zuweisermarketing und in einer eigenen Notfallambulanz als Zugangskanal und in das Fördern der generellen Reputationswahrnehmung durch das das Spital zur positiven Assoziation. Mittel- und langfristig sollte die künftige Gesundheitspolitik abgewartet werden.

Das Instrument wird im Gesundheitswesen noch wenig benutzt. Social Marketing wird künftig viel stärker genutzt werden im Gesundheitswesen. Kernelemente hierzu sind das Steuern des menschlichen Verhaltens, indem sie sich gesundheitsbewusster verhalten und mehr Compliance zeigen. Dies beinhaltet Präventionskampangen, Informationenangebote z.B. nach OPs sowie Präventionsprogramme. Durch ein gesundheitsbezogenes Verhalten können gleichzeitig Gesundheitskosten gesenkt werden. 

Weitere interessante Themen aus der Kategorie

Steuern

94
Steuern

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Heute gibt es eine Sonderfolge im Podcast «Marktplatz Gesundheitswesen».

Alfred Angerer hat Dirk Wiedenhöfer eingeladen, der mit ihm ein…

93
Steuern

Heute spricht JoëlleTrüb im Podcast bei Alfred Angerer über Krankenversicherungskompetenz.

Joëlle Trüb arbeitet bei der AXA Health im Bereich…

92
Steuern

Heute sind Lisa Bammatter und Holger Auerbach zu Besuch im Podcast bei Alfred Angerer.

Lisa Bammatter ist Geschäftsführerin des Geburtshaus…

84
Steuern

Interprofessionelle Zusammenarbeit

Die Frage nach der Finanzierung ist eine, welche Gründer:innen ab dem Aufkeimen der ersten Vision umtreibt. Neben staatlichen Fördermitteln spielen…

83
Steuern

Digital Health: Innovationen und TrendsDatenschutz- und Datensicherheit

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte einmal, "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen," aber wir sind ganz anderer Meinung und…

82
Steuern

Digital Health: Innovationen und Trends

In der aktuellen Folge verlässt Alfred Angerer seine gewohnte Rolle als "Moderator" und begibt sich, zusammen mit seiner Co-Autorin Sina Berger, in…

80
Steuern

Digital Health: Innovationen und Trends

In dieser Folge von Marktplatz Gesundheitswesen wagen wir ein Experiment und weichen vom gewöhnlichen Skript ab. Wir machen einen…

79
Steuern

PatientenzentrierungValue based Healthcare

Diese Podcast-Folge wurde mit der freundlichen Unterstützung der Groupe Mutuel ermöglicht.

Die Kosten im schweizerischen Gesundheitswesen sind…

77
Steuern

Management im GesundheitswesenOrganisationsentwicklung und die Rolle von Holokratie

In der heutigen Arbeitswelt wird viel in den Hochglanzbegriff “New Work” hinein projiziert, was den eigentlichen Kerngedanken hinter dem Konzept…