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Korbinian Pachmann – Ist Hotellerie im Krankenhaus strategisch wichtig?

26 Leisten Produktion (Leistungserstellung) Entwickeln Vertrieb Forschung Marketing Strategie Leistungerbringer Spitäler Patientenzentrierung

Korbinian Pachmann ist seit 10 Jahren in der Hotellerie im Gesundheitswesen tätig und weiss, dass gute medizinische Qualität für Spitäler nicht mehr ausreicht, um erfolgreich zu sein.
In familiäre Fussstapfen tretend studierte Korbinian Hotelfach an der École hôtelière de Lausanne mit dem Ziel, dieses Fach auf das Gesundheitswesen anzuwenden. Zudem absolvierte er an der ZHAW einen MAS in Managed Healthcare und verfasste unter Betreuung von Florian Liberatore und Alfred Angerer eine ausgezeichnete Arbeit zum Thema «Patientenpräferenzen für Hotellerieleistungen im Akutbereich».
Was die Ergebnisse dieser Arbeit waren, was unter Hotellerie spezifisch im Spital zu verstehen ist und vieles mehr, erfahren Sie in diesem Podcast.

 

Wer sein Wissen über die erwähnten Studien und Inhalte des Podcasts vertiefen möchte, findet hier die entsprechende Literatur:

Carman, J. (2000). Patient perceptions of service quality: combining dimensions. Journal of Services Marketing. Vol.14(4), 01. Juli 2000, S.337-352. DOI 10.1108/08876040010334565

Pachmann, K. (2019). Patientenpräferenzen für Hotellerieleistungen im Akutbereich; Eine conjointanalytische Untersuchung für das Schweizer Gesundheitswesen. Masterarbeit Studiengang MAS ZFH Managed Helath Care. Winterthur: ZHAW.

Siddiqui, Z., Zuccarelli, R., Durkin, N., Wu, A. und Brotman, D. (2015). Changes in Patient Satisfaction Related to Hospital Renovation: Experience With a New Clinical Building. Journal of Hospital Medicine, Vol.10 Nr.3 (März 2015), S.165-171. Society of Hospital Medicine. DOI 10.1002/jhm.2297

Suess, C. und Mody, M. (2016). Hospitality healthscapes: A conjoint analysis approach to understanding patient responses to hotel-like hospital rooms. International Journal of Hospitality Management, 61 (2017) S.59-72. Elsevier-Verlag. DOI 10.1016/j.ijhm.2016.11.004

Young, C. und Chen, X. (2020). Patients as Consumers in the Market for Medicine: The Halo Effect of Hospitality. «Social Forces», 13. Februar 2020.

Fragen und Antworten

Korbinian Bachmanns Interesse zur Hotellerie liegt in der Familie. Er hat Hotellerie an der Hotelfachschule École hôtelière de Lausanne studiert und hat anschliessend ins Gesundheitswesen gewechselt. Bereits 10 Jahre ist Herr Bachmann in der Hotellerie im Gesundheitswesen tätig.

Grundsätzlich kann man es eingrenzen in alle Leistungen, die nicht medizinische oder pflegerische Leistungen sind. Dazu gehört die Atmosphäre, der Auftritt, Designelemente und vieles mehr, die das Spital besonders machen. Die umfassende Betreuung angefangen bei der Rezeption, dem Portier, über dem Zimmerservice sind weitere Leistungen der Hotellerie. Dazu gehört auch der Service im Restaurant und deren Qualität, der Zimmerservice und die Reinigung, die sehr nahe an den Patienten sind. Sauberkeit der Infrastruktur, Wäsche und die Logistik sind auch nicht wegzudenken.

Es ist allgemein bekannt, dass die Gastronomie in den Spitälern früher einen eher mässigen Ruf genoss. Studien haben gezeigt, dass die Atmosphäre und der Service drum herum einen Einfluss auf das Wohlbefinden und den Genesungsprozess des Patienten haben. Diese Bedürfnisse wurden erkannt und daraus wurden zum Beispiel der Room Service eingeführt und die Raumaufteilung überdacht.

Herr Pachmann hat sich eine Tätigkeit in einem Spital gewünscht und hat ca. in der Hälfte des Studiums begonnen, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Im Studium selbst gab es dafür keine Spezialisierung, so musste er zuerst den Abschluss machen und danach durch Berufserfahrung in die Richtung der Hotellerie im Spital einsteigen. Das Interesse zu diesem Feld und deren Sinnhaftigkeit waren für Herr Pachmann entscheidend, um diesen Weg zu gehen.  

Leider bietet die Hotelfachschule noch keine Spezialisierung im Bereich Hotellerie in Spitälern. Mittlerweile gäbe es einzelne Vorlesungen darüber und Herr Pachmann ist bekannt, dass ehemalige Studenten oder Studentinnen den gleichen Weg gewählt haben.

Viele Kompetenzen sind ähnlich oder wünschenswert. Die Kundenorientierung und die Mentalität sind von Vorteil und auch dem Spital zu übertragen. Der Anspruch im Spital unterscheidet sich von der klassischen Hotellerie, weil man vermehrt, interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zusammenarbeitet und folgend über ausgezeichnete kommunikative Kompetenzen verfügen muss. 

Für Patienten ist das Wissen darüber, dass ein Spitzenkoch sie kulinarisch auf höchstem Niveau verpflegt, ein Indikator für gute Qualität im Spital. Der Anreiz für einen Spitzenkoch besteht darin, dass die Arbeitszeiten geregelter sind und die Entlohnung sehr gut ist. Es sind aber andere Strukturen, es ist ruhiger, die Köche haben weniger Kundenkontakt und dementsprechend nimmt sich der Koch im Vergleich zur klassischen Gastronomie etwas zurück.

Herr Pachmann hat den Wunsch dahingehend bereits erlebt und selbst versucht diesen strukturiert anzugehen. Im Spital ist es aber heikel diesen Kundenkontakt zu suchen, denn es verlangt Abklärungen, bevor man in ein Patientenzimmer reinplatzt.

Herr Bachmann geht davon aus, dass es leichter ist, im Bereich der Hotellerie Mitarbeitende zu finden als im Pflegebereich, weil weniger Fachkräftemangel herrscht. Trotzdem ist es schwierig die richtigen Personen für die unterschiedlichen Unternehmen zu finden. Eine Person, die aus der Gastronomie kommt, steht im Spital vor komplexeren Herausforderungen. Fachangestellte müssen sich beim Room Service dem Patienten entsprechend verhalten, sie müssen ausgezeichnete, organisatorische Kompetenzen besitzen und interdisziplinär kommunizieren und koordinieren können.

Herr Pachmann hält davon ab, die Formulierung «Pflegefachleute werden entlastet» zu verwenden. Schlussendlich ist es eine Spezialisierung der Aufgaben, nicht um die Pflege zu entlasten, sondern um ihnen eine Konzentration auf ihr Kerngeschäft zu ermöglichen, schliesslich käme dies den Patienten und Patientinnen zugute. Diese Spezialisierung kann aus BWL-Sicht und aus der Patientensicht für ein Spital sinnvoll sein.

Herr Pachmann findet einen Perspektivwechsel interessant, weil man etwas dazulernen kann. Im Hinblick auf die komplexen Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen ist es für die Ärzteschaft sinnvoll zu verstehen, auf was der Butler einen besonderen Wert legt. Das Ziel des Butlers ist es, die Wünsche der Patienten aus ihren Augen abzulesen und diese zu antizipieren. Der Workshop ist für die Sensibilisierung, was ein guter Service ausmacht, sinnvoll, erfordert aber auch hohe Konzentration und Training.

Anders als bei der klassischen Gastronomie, bekommt das Fachpersonal auf den Stationen unmittelbar ein Feedback von den Patienten, das meistens sehr positiv ist, weil Sie den Kundenkontakt schätzen und dankbar sind.

Bezüglich der Unterscheidung von Kompetenzen, gibt es Studien dazu, die besagen, dass zwar die Qualität und der Umfang der Hotellerie die Leute bei der Wahl des Spitals beeinflussen aber die medizinischen Leistungen im Nachhinein unabhängig von der Hotellerie beurteilt werden.

Herr Bachmann hat es selten erlebt, dass sich Patienten und Patientinnen direkt über die Gastronomie beschweren. Er nimmt diese Feedbacks aber ernst und sucht mit ihnen das Gespräch. Grundsätzlich ist die Hotellerie aus seinen eigenen Erfahrungen meistens nicht der Auslöser für ein verärgertes Feedback. Denn Patienten und Patientinnen, die generell mit ihrem Aufenthalt im Spital unzufrieden sind, lassen ihren Unmut auf die Leistungen ab, die sie beurteilen können und dazu gehört die Hotellerie.

Das was aus der Hotellerieperspektive neben den Basisleistungen am meisten zählt, sind Soft-Faktoren. Herr Pachmann meint damit die Fähigkeit der Fachpersonen Wünsche zu antizipieren, ein bedürfnisorientierter Umgang mit Patienten zu pflegen und generell das Auftreten und die Freundlichkeit bei Patientenkontakt zu wahren.

Es kommt immer auf das Ziel der Klinik an. Dabei stellt sich die Frage, ob das Spital Geld sparen oder die Qualität steigern möchte.

Herr Pachmann denkt, dass wir in der Schweiz, was Hotellerie in Spitälern angeht, sehr verwöhnt sind, auch in der Grundversicherung. Die Differenzierung von Hotellerieservices besteht darin, die Hotellerie auf die dynamischen und strukturellen Veränderungen im Spital abzustimmen. Beispielsweise müssen Abläufe der Hotellerie bei einer neuen Raumaufteilung verändert werden und auf die neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Für die Conjoint-Analyse musste Herr Pachmann für die Befragten zuerst Voraussetzungen schaffen. Die Grundvoraussetzungen für die befragten war, dass sie in einem Einzelzimmer drei Tage stationiert und allgemein versichert sind und, dass sie keine Nahrungsmittelintoleranzen haben.

Die Conjoint-Analyse kreiert Angebotspakete mit Hotellerieleistungen und stellt sie dem Patienten zur Auswahl. Herr Pachmann hat drei verschiedene Dimensionen identifiziert, Gastronomie, Service und Infrastruktur. Pro Dimension gab es drei verschiedene Abstufungen, ein Stern für das Basisangebot, zwei Sterne für ein breiteres Angebot bis hin zu drei Sterne für All-inclusive. Die Conjoint-Analyse stellt aus den Dimensionen und deren Abstufungen alle möglichen Angebotspakete zusammen und bewertet sie anhand ihrer Eigenschaften. Dieses Verfahren kommt einer normalen Kaufsituation näher, als wenn die Patienten aus einem Katalog einzelne Leistungen wählen.

An zweiter Stelle wurde der Service ermittelt. Wenn man nicht über ein Self-Check-In sondern nach heutigem Standard eintritt, dann sind die Leute bereit circa 47 Franken pro tag zu bezahlen.

Die Beträge, die aus der Analyse berechnet wurden, sind sehr allgemein zu bewerten, dienen aber als Anhaltspunkte für die Zahlungsbereitschaft der Leute.

Herr Pachmann hat erwartet, dass wenn die Grundbedürfnisse eines Einzelzimmers gedeckt sind, zusätzliche Angebote einen marginalen Mehrwert stiften würden.

In einer Studie wird über den Halo-Effekt von der Hotellerie gesprochen, die besagt, dass sich Leute von einer großartigen Hotellerie blenden lassen und folgend das Spital besser bewerten. Deshalb besteht die Gefahr, dass man als Spital falsch investiert. Herr Pachmann glaubt aber nicht, dass sich die Direktion eines Spitals verleiten liesse, nur in Hotellerieleistungen zu investieren. Es gäbe andere Themen, die mittel bis langfristig andere Möglichkeiten eröffnen.

Für Support-Prozesse in Spitälern werden digitale Informationssysteme getestet oder bereits umgesetzt. Dies ermöglicht eine bessere Koordination der Berufsgruppen und eine Effizienzsteigerung in der Umsetzung und Erbringung der Dienstleistungen.

Herr Pachmann ist davon überzeugt, dass durch die Entwicklung des Schweizer Gesundheitswesens, mit dem Anspruch gute Qualität und verhältnismässige Kosten zu gewährleisten, es vermehrt dazu führen wird, dass die Zusammenarbeit mit spezialisierten Unternehmen attraktiver wird.

Weiter steigt generell das Ernährungsbewusstsein in der Bevölkerung und folglich besteht eine Zahlungsbereitschaft aber mit sehr hohen und unterschiedlichen Ansprüchen. Für Herr Pachmann stellt sich auch die Frage wie professionell und rentabel die Hotellerie neben dem Kerngeschäft eines Spitals geführt werden kann. Aufgrund der aktuellen Entwicklung denkt Herr Pachmann, dass wenn der Fokus aufs Kerngeschäft gelegt wird, Nebengeschäfte nur in Kooperationen überleben werden.

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