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Gregor Karlinger – Mit “Agilem Arbeiten” Lösungen in unserer komplexen Welt schaffen

58 Steuern Kommunikation Mitarbeitende/Zusammenarbeit Führung Organisation/Strukturen Leisten Kompetenzen Prozesse Management im Gesundheitswesen Organisationsentwicklung und die Rolle von Holokratie

Zum Auftakt des neues Jahres soll es in dieser Podcast-Episode darum gehen, wie agiles Arbeiten uns dabei helfen kann, Probleme in der komplexen Welt, in der wir leben und arbeiten, zu bewältigen und dabei den Menschen und seine Interaktionen ins Zentrum zu stellen.
Passend dazu hat Alfred Angerer (Hrsg.) den Autoren des Kapitels «Agilität» aus seinem neuem Buch «New Healthcare Management – 7 Erfolgskonzepte für das Gesundheitswesen» eingeladen.
Gregor Karlinger begleitet als agiler Coach Organisationen bei der Einführung und Verbesserung von agilem Arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen und kombiniert hier Ansätze aus den Bereichen Agile Vorgehensmodelle, Systemische Organisationsentwicklung und Coaching, um Unternehmen dabei zu unterstützen, sich laufend an die sich rasch verändernden Umwelten anzupassen. Dabei greift der studierte Telematiker – der sich mittlerweile von Maschinen und Algorithmen ab- und der Arbeit mit Menschen zugewendet hat – auf seine langjährige Expertise in diversen Rollen im IT-Umfeld zurück.
Bei Agilität geht es dabei mehr um Menschen und Interaktionen, als um Prozesse und Werkzeuge, sodass dieses Management-Konzept auch auf andere Arbeitsfelder als die Softwareentwicklung und damit auch im Gesundheitswesen angewendet werden kann. Best-Practice-Beispiel hierfür liefert bspw. die Albert-Schweitzer-Klinik Graz, welche Multiprofessionalität lebt und agiles Arbeiten fest verankert hat.

Hören Sie in diese Podcast-Episode und erfahren Sie mehr darüber, was sich genau hinter den Begriffen Agilität, Scrum, Artefakt etc. verbirgt. Gregor Karlinger versteht es, diese auf eine verständliche und anschauliche Weise zu erklären und Lust auf Mehr zu wecken.

Bei Interesse am Buch «New Healthcare Management – 7 Erfolgskonzepte für das Gesundheitswesen» können Sie dieses nun bei der Medizinisch Wissenschaftlichen Vertragsgesellschaft oder in der Buchhandlung Ihres Vertrauens bestellen: www.mwv-berlin.de/produkte/!/title/new-healthcare-management/id/796

Fragen und Antworten

Für Gregor geht es nicht darum, die Organisation zu belehren, sondern gemeinsam mit ihnen herauszufinden, was sie auf ihrem Weg brauchen. Ein Bereich, der ihm sehr am Herzen liegt, sind partizipative Ansätze für die Entwicklung und Begleitung. Je mehr man alle in eine Veränderung einbezieht, desto lohnender wird der Weg und desto wahrscheinlicher ist es, dass das Ziel erreicht wird. Gregor ist auch in der Schulentwicklung tätig. Hier versucht er, mit anderen Menschen eine Art "Schule der Zukunft" zu entwickeln, in der Themen wie Neugier.

Zunächst arbeitete er in sehr grossen Organisationen wie dem Bundeskanzleramt in Österreich und einem grossen Beratungsunternehmen. Hier stellte er fest, dass es für ihn schwierig war, seine eigene Effektivität gut zu erkennen. Dies veranlasste ihn zu einem Wechsel in ein sehr kleines Unternehmen. Hier hatte er seinen ersten Kontakt mit dem Thema agiles Arbeiten. Dies war ein wichtiger Wendepunkt in seiner Denkweise, denn er erkannte, dass es bei der Softwareentwicklung nicht um die Entwicklung perfekter Algorithmen geht, sondern um die Interaktion mit Menschen. Auf Empfehlung begann er dann eine Ausbildung in systemischem Coaching, wo er neue Denkmodelle wie Konstruktivismus und systemisches Denken kennenlernte. Hier fand eine Veränderung statt, indem er sich fragte, was ihn an seiner Arbeit begeistert.

Für ihn war es wichtig, die Menschen zu motivieren, sich in die agile Arbeitsweise hineinzudenken. Herauszufinden, was die Grundeinstellung ist und was die wesentlichen Prinzipien des agilen Arbeitens sind. Dies führte dazu, dass er das Unternehmen verlies und vor zehn Jahren sein eigenes Unternehmen gründete.

Nachdem er das Buch "Reinventing Organizations" von Frederic Laloux gelesen hatte, wurde die Idee zu dieser Plattform geboren. Stichworte dazu sind Selbstorganisation, der Mensch als Ganzes und Sinn. Gregor und seine Mitbegründerin Manuela Grundner suchten daraufhin nach Unternehmen, die bereits einige Schritte, in die von Frederic Laloux beschriebene Richtung unternahmen, die aber nicht international, sondern lokal zu finden waren.

Bei seiner Auseinandersetzung mit dem Gedanken, Agilität in die Wissensgesellschaft zu bringen, hatte er immer wieder Berührungspunkte mit dem Gesundheitssektor gehabt. Einerseits hat er die Möglichkeit, als Moderator bei Konferenzen in einem lokalen Krankenhausverband aufzutreten. Andererseits arbeitet seine Frau als Krankenschwester und hier lernt er Systemgrenzen kennen, die aufeinander prallen. 

In den Organisationen der letzten 100 Jahre waren wir in den Paradigmen der Komplexität. Zum Beispiel war es wichtig, Dinge effizient in Massenproduktion herzustellen. Aus einer Vielzahl von Gründen bewegen wir uns weg von diesem Paradigma hin zu einer komplexeren und schnelleren Welt. Eng damit verbunden ist die Trennung in Denken und Handeln. Das hat bei der industriellen Massenproduktion gut funktioniert, aber in der heutigen, stärker auf Zusammenarbeit ausgerichteten Welt funktioniert das weniger. Hier kommen viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Fähigkeiten auf interdisziplinäre Weise zusammen. Gregor macht die Erfahrung, dass Organisationen versuchen, noch mehr vom Gleichen zu tun, wenn sie versuchen, mit diesem Wandel umzugehen. Das heisst, noch besser zu planen, noch intelligentere Prozesse zu entwickeln, aber das ist seiner Meinung nach nicht der richtige Weg, mit diesem neuen Paradigma umzugehen.

Agilität bzw. "Beweglichkeit" ist nicht weit vom Kern der Bedeutung entfernt. Es geht darum, flexibel auf Situationen zu reagieren, die nicht planbar sind. Sich schnell auf neue Umstände einzustellen und durch experimentelles Vorgehen herauszufinden, was eine gute Lösung für das aktuelle Problem sein könnte. Basierend auf einer humanistischen Grundhaltung bietet Agilität ein Set von Prinzipien an, die uns eine andere Qualität von Zusammenarbeit ermöglicht. «Treat People as adults.»

Der Begriff stammt aus der Softwareentwicklung, da sich hier dieser Paradigmenwechsel am frühesten abzeichnete. Vor etwa 20 Jahren entstanden dort Strömungen, dass es mehr um Menschen und ihre Interaktionen geht als um die Prozesse und Werkzeuge.

Gregor bekommt oft die Rückmeldung, dass dies in der Softwareentwicklung funktioniere, in anderen Bereichen aber nicht. Aber aus seiner Sicht stimmt das nicht. Es kommt darauf an, welchen Ansatz ich für Agilität entwickle. Wenn ich Agilität als eine Sammlung von mechanischen Werkzeugen betrachte, dann kann man das nicht auf das Gesundheitswesen übertragen. Wenn man eher auf der Ebene dieser Haltung und der daraus abgeleiteten Prinzipien ansetzt und das Warum dahinter versteht, dann kann man diese Werkzeuge sehr gut auf den eigenen Bereich übertragen. Hier ist Agilität nicht das konkrete Werkzeug, das man versucht, auf den Gesundheitssektor zu übertragen, sondern es ist das Prinzip, z. B. interdisziplinäre Teams.

Scrum ist das am weitesten verbreitete agile Framework. Es bietet ein gutes Gleichgewicht zwischen den Richtlinien des Frameworks und der Freiheit, die ich bei der Gestaltung habe. Die wesentlichen Dinge, die Scrum vorschreibt, sind drei Rollen, fünf Meetings und drei Artefakte. 

Scrum kennt drei Rollen. Den Product Owner, das Entwicklungsteam und den Scrum Master. Der Product Owner hat in seiner Kernverantwortung eine sehr starke unternehmerische Perspektive und beschäftigt sich ständig mit der Frage, was in einem Projekt erreicht werden soll. Zum interdisziplinären Entwicklungsteam gehören all jene, die sich mit der Frage beschäftigen, wie das «was?» im Sinne eines Produkts oder Dienstleistung übersetzt werden kann. Der Scrum Master hat eine unterstützende Funktion und versucht, die beiden anderen Rollen dazu zu bringen, gut zusammenzuarbeiten und sich immer wieder die Frage zu stellen: "Wie sieht es mit der Zusammenarbeit aus und was sollten wir ändern, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern?". Diese drei Rollen sind in jedem Kontext sinnvoll.

Bei agilen Methoden liegt der Schwerpunkt sehr stark auf der Kommunikation. Meetings haben in der Regel ein negatives Image, aber wenn wir unsere Meetings produktiver und zielgerichteter gestalten und wirklich zuhören würden, wie viel produktiver könnten wir dann in unserer Zusammenarbeit sein? Scrum bietet eine Art Ritualisierung in einer Reihe von fünf Besprechungen und gleichzeitig hat jede dieser Besprechungen einen starken Fokus, z. B. Planung, Überprüfung oder Synchronisation.

Das zentrale Artefakt ist das Produktinkrement, das für das wachsende Zwischenprodukt steht. Iteratives Arbeiten bedeutet hier, dass ich regelmässig Zwischenprodukte im Team erstelle und diese in einer Gruppe von Personen, die daran gearbeitet haben und denen, die davon profitieren werden, kritisch überprüfe, um bei Bedarf schnelle Kurskorrekturen vornehmen zu können. Die beiden eher technischen Artefakte sind das Product Backlog und das Sprint Backlog. Das Product Backlog ist wie ein grosses Sammelbecken mit all den Wünschen, die wir und die Stakeholder noch für unser Produkt oder unsere Dienstleistung haben. Das Sprint Backlog hat mit dem iterativen Arbeiten als Grundmuster des agilen Arbeitens zu tun. In Scrum wird ein solcher Zyklus als Sprint bezeichnet. Das Sprint Backlog ist der Arbeitsplan für diesen Sprint und wird typischerweise in Form eines Arbeitsboard, z.B. Kanban Board, visualisiert.

Wenn das agile Prinzip der Selbstorganisation wirklich zum Leben erweckt wurde, dann ist dies wohl der grösste Bruch mit herkömmlichen Projekten. Bei der Arbeit nach dem agilen Prinzip ist das "Warum?" und "Was?" für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen viel klarer und sie haben einen hohen Freiheitsgrad in ihrer Tätigkeit, was in der Regel zu einem viel stärkeren Engagement führt, als wenn jemand von aussen alles vorschreibt.

Gregor traf die beiden Mitautoren der Fallstudie auf einer Konferenz. Er fand ihre Art, über Grundprinzipien wie Selbstorganisation und starke Transparenz zu denken und zu versuchen, diese Dinge auf ihren eigenen Bereich zu übertragen, besonders inspirierend. Dies wird in der Fallstudie auch dargestellt. Für einen Gastbeitrag in dem von Gregor geschriebenen Artikel über Agilität in Alfred Angerers Buch "New Healthcare Management" kontaktierte er sie erneut und bat sie um eine Aktualisierung der Fallstudie 5 Jahre später.

Gregor sieht das niederländische ambulante Pflegeunternehmen Buurtzorg als Paradebeispiel für den Gesundheitssektor.

Die interdisziplinäre und patientenzentrierte Arbeitsweise, unterstützt durch agile Prinzipien wie Selbstorganisation, ermöglicht auch den Patienten selbst eine schnelle Rückkehr zur Selbstversorgung. Ansonsten empfiehlt er, einfach danach zu suchen. Es gibt viele Unternehmen, die diese Grundsätze leben und sie gerne nach aussen zeigen, wenn man sie fragt. Auch in der Organisation «Plattform – Freiräume» findet man viele Unternehmen die sich

Sehr oft werden die falschen Dinge sehr effizient gemacht, und in einer so komplexen Welt muss ich schnell herausfinden, was das Richtige zu tun ist. Das Problemlösungsmuster, schnell zu experimentieren, zu scheitern und den richtigen Weg zu finden, spielt hier eine grosse Rolle. Wenn ich das schneller machen kann, kann man viel Geld sparen, das sonst verschwendet würde.

Grundsätzlich eignet sich agiles Arbeiten gut für die Arbeit in komplexen Bereichen. Da der Mensch im Mittelpunkt steht, kann es auch auf Routinearbeiten angewendet werden, um Probleme schnell zu erkennen.

Wir sind zumindest auf dem Höhepunkt der überzogenen Erwartungen, denn Agilität wird seit mindestens fünf Jahren für viele negative Dinge verantwortlich gemacht. Auch ist Agilität inzwischen ein Wort, das jeder für sich selbst interpretiert und anwendet. Es ist jedoch wichtig, sich zu fragen, welche Probleme und Herausforderungen ich in meiner Organisation lösen will, und erst dann zu fragen, ob agile Methoden dazu passen, und nicht einfach auf den Hype aufzuspringen.

Der einfachste Weg ist über LinkedIn. Wer mehr Einblicke in Gregors Arbeit gewinnen möchte, dem sei der Blog auf der Website von transferio.at oder die Website von «Plattform-Freiräume» empfohlen.

Vieles von dem, was im Podcast versucht wurde zu erschliessen, erwartet Gregor in etwa 10 Jahren als Selbstverständlichkeit in vielen Realitäten unserer Wissensgesellschaft. 

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