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Elvira Häusler – Mit VBHC from Volume to Value

39 ELS Steuern Regulierungen Leisten Kompetenzen Lean Prozesse Entwickeln Strategie Politik/öffentliche Hand Leistungerbringer Spitex Alters- und Pflegeheime Rehaeinrichtungen Arztpraxen Spitäler Patientenzentrierung Management im Gesundheitswesen Value based Healthcare

Elvira Häusler ist Senior Consultant bei Muller Healthcare Consulting, einem in der Schweiz und Luxemburg basierten, international agierenden Beratungsunternehmen, welches sich auf den Gesundheitssektor spezialisiert hat. Ein grosses Thema der Boutiqueberatung ist Value-based Healthcare (VBHC), gemäss welchem der von PatientInnen wahrgenommene Nutzen (eng. Value) ins Zentrum der Gesundheitsversorgung gestellt wird. VBHC gilt dabei für Alfred Angerers Gästin als erfolgsversprechender Ansatz, um den Entwicklungen auf nationaler (KVG-Revision zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit) und kantonaler Ebene (Einführung von PROMs als Kriterium für Spitalliste) zu begegnen, welche Spitäler dazu anhält, Qualität zu gewährleisten und kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Elvira Häusler, für die Gesundheit, Wellbeing und Mehrwert schaffen nicht nur im beruflichen Kontext ein wichtiges Thema ist, schildert wie eine wertorientierte Gesundheitsversorgung erreicht werden kann und gibt konkrete Praxisbeispiele von VBHC Implementierungen, die sowohl erfolgreich verliefen als auch gescheitert sind.

Hören Sie in diese Podcast Episode, um mehr darüber zu erfahren, was sich hinter dem Titel «Mit VBHC from Volume to Value» verbirgt und darüber, welches Bild Elvira Häusler von einer VBHC Zukunft zeichnet.

Fragen und Antworten

Sie ist Politologin und hat ein Studium in International Management in Healthcare absolviert. Durch das Reisen konnte sie die Gesundheitswesen im Detail international kennenlernen, wie z.B. in Afrika, im Nahen Osten. VBHC zieht sich nun um ihr ganzes Leben.

Die Boutique-Beratungsfirma arbeitet vor Allem mit Leistungserbringer.

Sie ist ansässig in Luxemburg und der Schweiz. Sie widmen sich Unternehmen in den Bereichen für Strategie, Prozessentwicklung sowie Reorganisationsthemen. Dabei wird versucht das VBHC-Thema mitzutragen. Weiter werden gerade zwei Regierungen begleitet, wie Luxemburg und Kosovo.

Die Leistungserbringer verspüren momentan den regulatorischen Druck des Staates. Sie beschäftigen sich mit der langfristigen Ausrichtung: Wie können wir uns positionieren, differenzieren und Leistungen zukünftig anbinden?

Schon seit Einführung der KVG sollen Leistungserbringer Qualitätskennzahlen rapportieren. Nun sind sie mit noch mehr Vorgaben zur Qualitätsmessung und Sicherung konfrontiert, da verstärkt kontrolliert und Sanktionen erhoben werden bei Nichteinhaltung. Hierzu wird es eine ausserparlamentarische Qualitätskommission im April ihr Amt aufnehmen. Es wird Jahresziele und Vier-Jahresziele geben.

Es kommt darauf an, was an Qualitätsverträgen zwischen den Tarifpartnern festgelegt werden und wie weit diese in die Tiefe gehen. Leisungserbinger, die aus betriebsinternen Zwecken viel Qualität vorweisen werden weniger Aufwand betreiben müssen.

Die Kantone erheben jetzt schon bei der Spitalplanung Vorgaben zur PROMS-Erfassung. Dies gibt eine klare Richtung im Gesundheitswesen vor.

Gewisse Kliniken werden jetzt schon von den Versicherungen bevorzugt aufgrund ihrer Qualität. Patienten können die medizinische Qualität einer Klinik nicht differenzieren. Es werden Empfehlungen aufgrund der Qualität abgegeben.

Man könnte es übersetzen mit einem System der ergebnisorientierten Vergütung und einer werteorientierten Versorgung: “From Volume to value“. Beispielsweise sollten Eingriffe nicht nach der Anzahl, sondern nach dem Mehrwert des Eingriffs vergütet werden. Dabei spielt das subjektive Empfinden des Patienten und der Patientin und wie gut die Behandlung gemacht worden ist eine Rolle.

Die klassische Definition besagt, dass der Patientennutzen sich zusammensetzt aus dem patientenrelevanten Aufwand durch die Kosten, die dafür aufgewendet werden. Die Idee ist nicht neu. PROMS werden schon seit Jahren von Pharmafirmen zur Evaluation von Nebenwirkungen genutzt. Die zentrale Frage ist dabei, “Wo gehen Werte verloren und wie können wir verbessern innerhalb der Ressourcen, die wir zur Verfügung haben?“

Man könnte die Kennzahlen der verschiedenen Länder vergleichen, wie z.B. die Lebenserwartung bei Geburt, sowie im Zusammenhang die steigenden Gesundheitskosten. Hierfür gibt es verschiedene Thesen: Gibt es einen guten Zugang zu Gesundheitsleistungen oder herrscht eine Überversorgung, wie Doppeluntersuchungen oder Ineffizienz?

Das USB in Basel legt schon seit Jahren einen hohen Wert auf VBHC. VBHC ist aber ein Konzept, das langfristig ausgerichtet werden müssen. Die Begleitung des Patienten und die Daten werden in einem längeren Prozess erhoben. Der Zeitaufwand und die richtige Umsetzung generieren einen hohen Mehrwert erst langfristig.  

Es gibt allgemeine Fragebögen zur Lebensqualität und spezifischere, die auf das Krankheitsbild ausgerichtet sind. Die Patienten werden über ihre Einschränkungen und Probleme im Zusammenhang einer Operation befragt, denen sie im Alltag ausgesetzt sind. Durch die langfristige Begleitung werden Patientenbedürfnisse in den Fokus gestellt und Folgeerkrankungen dadurch besser erkannt.

Die Klinik und der behandelnde Arzt generieren sehr viele Daten durch die Fragebögen. Durch fertige Fragebögen wird Zeit gespart und die Effizienz erhöht, sodass der Behandler und die Behandlerin mehr Zeit und Fokus auf die Patientenschaft aufwenden kann. Ebenfalls können dadurch Anpassungen im Behandlungsprozess kontinuierlich optimiert werden. Die Daten können auch auf Ebene der Versorgungsplanung genutzt werden.

Der Profit des Einsatzes von PROMS in einem Spital kann aufgrund bisher geringer Datensammlung noch nicht festgelegt werden.

Eine einheitliche Aussage hierzu kann noch nicht getroffen werden, da das Konzept für VBHC jedoch kein einheitliches Verständnis besteht. Es müsste auf Organisationsebene ein einheitliches Verständnis von VBHC generiert werden, indem man sich fragt “Was ist für uns Wert?“

Zu Abläufen der Prozesse zur Umsetzung von VBHC gibt es von verschiedenen Verfassern. Zur Umsetzung bräuchte es einen grossen Change. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass die Umsetzung noch in den Kinderschuhen ist. Das Karolinska Spital ist bei der Umsetzung gescheitert.

Das Ziel des Unternehmens war die ganze Organisation nach Porter-Definition aufzubauen und zu organisieren. Die Zeit des Umdenkens wurde eventuell unterschätzt. Mit den “Integrated Practise Units“ beschreibt Porter, dass die klassische Aufteilung des Spitals aufgebrochen werden soll. Die diversen Abteilungen sollen in der ganzen Unternehmung miteinander verbunden werden. 

Lean und VBHC soll einander nicht ausschliessen. VBHC trägt nur zur Möglichkeit bei weiteren Informationen und Qualität zu schaffen. Beide Themen greifen ineinander ein. Das VBHC steigert den Wert im Prozess und das Lean versucht die Verschwendungen zu minimieren.

Ein interessierter Arzt/Ärztin könnte das Projekt anstossen und Pilotprojekte starten. Es gibt mittlerweile sehr viele validierte Fragebögen, die zur Verwendung geeignet sind. Die Kosten zur Erhebung von PROMS sind nicht mit hohen immensen Kosten verbunden. Die Einführung der PROMS müssen nur richtig eingebettet werden in den Prozess.

Die Argumentation des Lean kann auch für VBHC verwendet werden. Durch Zeiteinsparungen, die das VBHC ermöglicht, kann mehr Zeit generiert werden für die Behandlung des Patienten. Dabei ist der höhere Wertfluss sowie die höhere Qualität bei der Behandlung des Patienten und der Patientin eine Argumentationsweise.

Die digitale Erhebung der Daten während der Wartezeit generiert eine höhere Prozessgestaltung. Idealerweise werden die Daten direkt digital mit der Patientenakte verknüpft. Dies bedarf jedoch eine monetäre Investition, die sich langfristig auszahlt.

Dafür spricht, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen nun Druck verursachen. Auch wird nun von den Kantonen verlangt, dass PROMS standardmässig eingeführt werden in die Spitäler. Dagegen spricht, dass VBHC gerade als Modewort benutzt wird. VBHC wird sich weiterhin definieren. Die Grundidee einer Schaffung eines Mehrwerts mit den bestehenden Ressourcen wird jedoch bleiben.

Die Anreize im Vergütungssystem sind heute wider werteorientierte Behandlung gesetzt. Eine integrierte Versorgung bedarf im schlimmsten Fall höhere Kosten für den Leistungserbringer. 

Ja aber auch die Kennzahlen transparent machen durch Benchmarking beispielsweise. Somit können Kennzahlen verglichen werden. In England wurden bei Nichteinhaltung der Kennzahlen Abschläge verlangt oder Leistungserbringer wurden in den Medien negativ erwähnt. Das System von “Shame and Blame“ sagt mir jedoch nicht zu. 

Die Rahmenbedingungen sind momentan sehr offen, um die Anreize zu schaffen, die es braucht zur Umsetzung von VBHC. Davon betroffen ist das Vergütungssystem.

Wir haben Anfragen, in denen es um Neubau von Spitälern geht. Wir nehmen von Anfang an den patientenorientierten Gedanken auf und lassen diese in jegliche Entscheidungsprozesse miteinfliessen.

Wir sollten keine Angst vor Fehler haben und die “wenn und abers“ weglassen. Neue Ergebnisse werden erst durch Veränderung bewirkt. Wir sollten mehr ausprobieren und dadurch gemeinsam wachsen.

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