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Christian Thiele – Mit “Positive Führung” das Glück in der Arbeit finden

52 Steuern Kommunikation Kultur Mitarbeitende/Zusammenarbeit Führung Leisten Kompetenzen Prozesse Leistungerbringer Spitex Alters- und Pflegeheime Rehaeinrichtungen Arztpraxen Spitäler Management im Gesundheitswesen Organisationsentwicklung und die Rolle von Holokratie

Zum Auftakt der Erscheinung seines neuen Buches  «New Healthcare Management – 7 Erfolgskonzepte für das Gesundheitswesen», das Alfred Angerer als Herausgeber gemeinsam mit weiteren 13 AutorInnen und Gastbeitragenden verfasst hat, startet nun eine neue Podcast-Reihe, in welcher jedem der sieben Kapitel eine eigene Episode gewidmet wird. So sollen in den nächsten Monaten die sieben grossen Management-Konzepte vorgestellt werden, welche versprechen, einen grossen Beitrag zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu leisten.  

Passend zur ersten Episode der Reihe ist heute auch der Autor des ersten Kapitels «Positive Führung» geladen. Christian Thiele ist Coach, Trainer, Teamentwickler, Speaker, Autor und Podcaster für Positive Leadership und Positive Psychologie am Arbeitsplatz. Ziel seiner Arbeit ist primär, Führungskräfte darin zu befähigen, Glück in ihrer Arbeit zu erleben und dieses auch für ihre Mitarbeitenden zu ermöglichen. So hat Führung einen enormen und echten Impact auf die Performance der Mitarbeitenden und kann diese entsprechend positiv beeinflussen. Dieser Führungsstil fokussiert dabei vor allem auf die Stärken und Ressourcen der Mitarbeiten, ist evidenzbasiert und bietet zudem eine breite Toolbox zur Umsetzung für Führungskräfte.

Hören Sie in diese Podcast-Episode und erfahren Sie mehr darüber, was sich genau hinter diesem Management-Konzept verbirgt und wie Positive Leadership auch im Gesundheitswesen Anwendung findet bzw. finden kann. Zahlreiche Beispiele aus Forschung und Praxis geben dabei einen guten Überblick und veranschaulichen das Potenzial, um das Gesundheitswesen grundlegend zu verbessern.

Bei Interesse am Buch «New Healthcare Management – 7 Erfolgskonzepte für das Gesundheitswesen» können Sie dieses bei der Medizinisch Wissenschaftlichen Vertragsgesellschaft oder in der Buchhandlung Ihres Vertrauens (vor-)bestellen.

Fragen und Antworten

Erstens: Christian ist Vater von zwei Kindern. Das Zweite ist, dass er ein leidenschaftlicher Bergmensch ist. Drittens: Sein Leben ist ein vergeblicher Versuch, der Medizin zu entkommen. Sein Vater und sein Grossvater waren Ärzte, seine Schwester, seine Partnerin, sein bester Bergfreund und sein Nachbar sind ebenfalls Ärzte, und seine kleine Tochter will auch Ärztin werden.

Er wollte weg vom Einzelnen und sich auf das grosse Ganze konzentrieren. Das hat ihn an der Politikwissenschaft interessiert, vor allem am Fach Internationale Beziehungen. Hier lernte er viel über Machtstrukturen und das eigentliche Organigramm in Organisationen. Ursprünglich war er in seinem ersten Beruf Journalist und stellte Fragen.

Das war seine Leidenschaft und er konnte dort seine Stärken ausspielen. In Bezug auf seine Identität war es eine wichtige Phase in seinem Leben, aber in den letzten 10 Jahren war er nur noch zu einem kleinen Teil Journalist.

Coach. Coaching ist für ihn die Bezeichnung für einen eigenverantwortlichen Lern- und Entwicklungsprozess, den er mit Führungskräften oder als Trainer mit Teams begleitet. Das Thema bezieht sich hier praktisch immer auf Führung bzw. positive Führung.

Er selbst hatte Führungskräfte, die sehr stärkenorientiert waren und die er sehr inspirierend fand. Gleichzeitig hat er aber auch Führungskräfte erlebt, die er als ineffektiv und sehr defizitorientiert empfand. Besonders inspiriert wurde er durch das Buch "positive Leadership" von Kim Cameron. Hier hat er sich in dem bestätigt gefühlt, was er als gute Führung empfand und ihm gezeigt, was er als Führungskraft nicht richtig machte. Da er der Meinung war, dass dies auch nach Deutschland kommen sollte, hat er sich in dieser Weise positioniert und seitdem mehrere Bücher geschrieben.  

Gerade im Gesundheitswesen besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Geld, dem Wohl der Patienten und den Mitarbeitern. Mit diesem Spannungsverhältnis müssen sich vor allem Führungskräfte auseinandersetzen und es betrifft eine Vielzahl von Bereichen. Darüber hinaus gibt es ein Spannungsfeld zwischen Kostendruck und Arbeitgeberattraktivität. In der Medizin gibt es zudem das klassische Führungsverständnis (top-down), das sehr mikro-managend ist, und gleichzeitig den Wunsch nach Vertrauen und wertschätzender Führung. Diese spielen im Gesundheitswesen eine grosse Rolle.

Positive Führung ist eine Ergänzung und stellt nichts auf den Kopf, denn viele bewährte Führungsprinzipien werden weiterhin benötigt. Das Neue an der positiven Führung ist das, was sich aus der positiven Psychologie entwickelt hat. Hier konzentriert sich die Führung auf die Ressource oder das Erfolgreiche und Positive, statt sich immer auf den Mangel und den Fehler zu fokussieren. Zudem ist all das evidenzbasiert und stellt ein Instrumentarium an Einstellungen und Verhaltensweisen dar, das viele ohnehin besitzen, das aber verstärkt und angewendet werden kann.

Psychologie ist die Lehre vom menschlichen Erleben und dem damit verbundenen Fühlen, Handeln und Kommunizieren. Einerseits geht es darum, wie ich mich als Führungskraft fühle. «Was lässt mich zweifeln?», aber auch "Was stärkt und stützt mich?». Dies hat einen enormen Einfluss auf das «Was» und «Wie» der Führung sowie auf die Leistung der Geführten. Bis zu 20-70 % der Leistungsunterschiede können auf die Führung zurückgeführt werden. Auch auf die Frage «Warum haben Sie gekündigt?» lautet die Antwort «Ich fühle mich von der Führungskraft nicht gesehen» und «Ich komme mit meinen Kollegen nicht gut aus», und auch hier hat die Führung einen grossen Einfluss.

Wenn wir Menschen dabei helfen, ihr Potenzial als Führungskräfte auszuschöpfen, tragen wir eine grosse Verantwortung, und deshalb sollte das, was wir sagen, wissenschaftlich fundiert sein. Zudem sind viele Organisationen sehr zahlen- und datenorientiert. Wenn also das, was man sagt, durch Zahlen untermauert ist, wird es bei diesen Organisationen mehr Anklang finden.

Es ist ein Missverständnis, dass den Mitarbeitenden alle Steine aus dem Weg geräumt werden müssen. Wenn die Fakten, Zahlen und Studien dieses Bild widerlegen können, dann soll es so sein.

Beispiel 1: «Wie gehen wir mit Erfolgen um?»

In vielen Organisationen werden Erfolge nicht wahrgenommen oder als selbstverständlich angesehen. Der Fokus liegt immer auf dem Mangel und dem Fehler, was nicht direkt falsch ist. Eine hohe Fehlerquote in den OPs beispielsweise muss genauer betrachtet werden. Positive Führung bedeutet aber auch, sich anzuschauen, was die Abteilungen besonders gut machen, und zu analysieren, was zu diesen Erfolgen geführt hat. Hier können wir die Faktoren herausfinden, um diese Erfolge zu replizieren.

Beispiel 2: «Die grosse Frage nach dem «Warum?»

Israelischen Radiologen wurden zwei Arten von Patientendossiers vorgelegt. Eine Art von Aufnahmen bestand lediglich aus dem Bild der Körperstelle, die andere Datei enthielt zusätzlich ein kleines Porträt des Patienten. Im zweiten Fall waren die radiologischen Befunde viel länger und präziser. Das bedeutet, dass der Einzelne einfach besser arbeitet, wenn man ihm zeigt, wozu er beiträgt.

Es muss zwischen dem "Warum" und dem "Wozu" unterschieden werden. Das "Warum" bezieht sich auf den eigentlichen Grund, etwas zu tun, und das "Wozu" fragt nach dem Sinn und Zweck.

Positive Führung kann über 5 messbare Strategien erklären.

  1. Positive Emotionen fördern
  2. Engagement und Stärken stärken
  3. Verbindungen und Wir Gefühl fördern
  4. Ziele abstecken und Erfolge feiern
  5. Sinn vermitteln

Direkter Dialog mit den Mitarbeitern, um den persönlichen Sinn ihres eigenen Handelns zu ergründen. "Warum bin ich Krankenschwester, Arzt, Therapeut usw. geworden? Es ist sicherlich wichtig, sein eigenes Warum zu kommunizieren. Falsch ist es, nach sinkenden Zahlen sofort eine Agentur einzuschalten und ein Mission Statement zu veröffentlichen, das nicht wirklich gelebt wird.

Zwangsläufig benötigt es nicht diese Reihenfolge. In jedem Fall braucht es aber mindestens 3 Richtungen der Vision. Diese lassen sich in Selbstführung, Führung eines Teams und Führung einer Organisation aufschlüsseln. 

Ganz und gar nicht. Es gibt zahlreiche Studien (z.B. Markus Ebner) über die Auswirkungen von positiver Führung auf das Stressniveau, das Burnout-Risiko, den Alkoholkonsum und die Schlafqualität von Geführten im Gesundheitswesen.

Insbesondere diese 5 Strategien (positive Emotionen, Stärken stärken, Miteinander fördern, Ziele setzen und Sinn vermitteln) werden je nach Typ sowohl bei sich selbst als auch bei den Mitarbeitern weiterentwickelt. 

Christian hält dies für einen guten Schritt in die richtige Richtung, denn viele Sitzungen beginnen oder enden mit Frustration. Das Negative sollte dabei nicht ausgeblendet werden, aber es sollte auf ein Verhältnis von ca. drei positiven zu einem negativen Feedback fallen. 

Die Vermittlung von Bedeutung und Sinn, aber auch von Wertschätzung ist wichtiger geworden. Die klassischen Statussymbole sind nicht mehr so wichtig. Spätestens seit der Pandemie hat auch die psychische Gesundheit an Bedeutung gewonnen, ebenso wie der Einfluss von Führungskräften auf die Leistung.

Es ist erwiesen, dass die folgenden KPIs davon profitieren, wenn Organisationen nach den Grundsätzen, Methoden und Haltungen der positiven Führung geführt werden.

Weichere KPIs:

  • Burnout Gefährdung
  • Krankenzahl
  • Mitarbeiterzufriedenheit
  • Kundenzufriedenheit
  • Kundenloyalität

Harte KPIs:

  • Fehlerraten
  • Umsätze, Gewinne und Aktienkurse

Bei der Einführung von positiver Führung geht es darum, den Menschen bewusst zu machen, was sie bereits gut machen, und dies zusammenzubringen und als bewährte Praxis in einer Organisation zu lernen. Damit sollen die Schätze, die in einer Organisation verborgen sind, ans Licht gebracht werden.

Aus der Motivationstheorie wissen wir seit langem, dass Zwang nicht so nachhaltig ist, wie wenn wir es schaffen, Begeisterung für ein Thema zu wecken. Das gilt auch für die Digitalisierung. Es kommt sehr auf das "Warum" an, um die Motivation zu erklären und das "Wozu" und "Warum" verständlich zu machen. Je klarer dies ist, desto eher lassen sich die Menschen auf eine solche Veränderung ein.

Positive Führung hat durch Corona eine grosse Chance bekommen und gerade bewiesen, dass dies keine Schönwetterveranstaltung ist. Da wir uns immer mehr in digitalen Kontexten wiederfinden, wird auch der positive Umgang miteinander, das Erkennen und Fördern von Stärken, das Sichtbarmachen von Sinn und Erfolgen immer wichtiger, weshalb positive Führung aktueller denn je ist. 

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