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Alice Martin – Chancen der Digitalisierung mit der digitalen Hautarztpraxis to go nutzen

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Dr. Alice Martin ist ausgebildete Ärztin und sowohl Mitgründerin als auch COO der deutschen Hautarztpraxis dermanostic. Anders als ihre damaligen Kommilitonen und Kommilitoninnen an der Universität hat sie nach ihrer Assistenzarztzeit einen doch eher anderen Weg als Entrepreneurin von gleich zwei Startups eingeschlagen. In dieser Episode soll es nun um eines davon gehen, welches sie gemeinsam mit ihrem Mann und einem befreundeten Ehepaar (alle mit Mediziner-Background) gründete. Besonders an dermanostic ist dabei, dass es sich um eine virtuelle Hautarztpraxis in Form einer App handelt. Diese liefert ihren Userinnen und Usern sowohl Diagnosen über Hautveränderungen und Therapieempfehlungen als auch den Arztbrief und notwendige Rezepte im digitalen Format. Und das alles ganz einfach von zu Haus aus und mit nur wenigen Klicks. Hinter dieser App sitzen top ausgebildete Hautärztinnen und -ärzte (Made in Germany), die asynchron Fotos und Fragebögen von Patientinnen und Patienten beurteilen.

Hören Sie in diese Podcast Episode und erfahren Sie, wie dermanostic die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen nutzt, wie die App ganz leicht funktioniert und wie sie ebenfalls die analoge Hautarztpraxis dabei ergänzt und auch entlastet.

Fragen und Antworten

Vor der Gründung von Dermanostic habe ich noch das Unternehmen Medilog gegründet, dass Onlinekurse für Ärzte anbietet und habe den klassischen Werdegang Medizinerin pausiert. Weiter liebe ich das Boxen als Sportart.

Dermanostic ist der Hautarzt per App. Man kann einfach Fotos und einen ausgefüllten Fragebogen an die Ärzte schicken und erhält einen Onlinebericht sowie ein Onlinerezept vom Arzt.

Nach meiner Ausbildung als Medizinerin war mir klar, dass ich den Facharzt fertigstellen werde und später Hausärztin werde. Drei Monate später hatte ich die Idee das Unternehmen ärztliche Online-Kurse zu gründen. Zwei Jahre arbeitete ich nach Unternehmensgründung noch weiter als Medizinerin und widmedete mich später dem Unternehmen.

Das klassische Bild der Gesellschaft von einer Medizinerin ist die Absolvierung der Ausbildung und später die Niederlassung. Ich war lange unschlüssig, da mein Umfeld auch an meinem Vorhaben zweifelte. Ärztliche Kollegen und Kolleginnen kennen diesen Werdegang meist nicht. Meine Eltern und mein Umfeld konnten das nicht nachvollziehen. Als Entrepeneur gibt es jedoch kein Scheitern, sondern lernen aus den Fehlern. Entrepeneur heisst sich trauen und den Mut zum Scheitern zu haben.

Viele Menschen haben Ideen. Als Kind schon lernen wir kreativ zu sein. Dann werden wir sozialisiert also trainiert Arbeitsanweisungen zu befolgen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, die Bilder die wir zugeschickt bekommen, können doch in ein Programm verarbeiten werden. In meinem Umfeld habe ich jedoch auch sehr viel Angst gespürt. Letztendlichist die Idee aber im Zentrum und das Mittel ist die Selbstständigkeit. Im Jahr 2019 haben wir unsere Karriere als Mediziner pausiert. Wir waren vier Ärzte und Ärztinnen und eine von uns ist schwanger geworden. Die Stimmen bei den Investoren waren daher sehr zweigeteilt. Aber es kommen immer Hindernisse. Dermanostic entstand ganz einfach aus einer Idee und einem Business Plan. Wir konnten jedoch entspannt an die Sache herangehen, da wir die Medizinerausbildung schon abgeschlossen hatten. Nun haben wir das Unternehmen gegründet und einige Preise gewonnen. Ich bin sehr stolz, dass wir unsere Idee gefolgt sind.

Ja es gibt viele Vorbilder. Meine Vorbilder waren jedoch immer Schriftsteller, die einem aufzeigten wie man sich verwirklicht, wie “Jack Nasher oder Bodo Schäfer“. Skills “Wie man verhandelt und wie man verkauft“, diese Skills haben mich fasziniert. Standardvorbilder für mich waren erfolgreicher Unternehmensgründer und Visionäre, wobei von jedem Menschen etwas gelernt werden kann. Ein absoluter Wille und die Leidenschaft sind ausschlaggebend als Unternehmer/Unternehmerin. Vorbilder sind für mich Menschen, die Motivation und Spass bei der Arbeit haben.

Ja, es gibt mittlerweile auch andere Unternehmen, die vergleichbare Dienstleistungen anbieten. Beispielsweise bietet der Schweizer Markt “Onlinedoktor“ an. Hautärzte melden sich bei der Plattform zu Kommunikationszwecken an. “Derma to go“ ist auch ein Unternehmen von einem Arzt gegründet. Dieses Modell sagt mir sehr zu, da Ärzte und Ärztinnen die Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen kennen. Wertvoll finde ich, wenn nicht der monetäre Ansatz, sondern der Verbesserungsansatz die Motivation zur Unternehmensgründung ist.

Bei auffälligen Hautproblemen wird unsere Website oder die App aufgerufen, drei Fotos von verschiedenen Perspektiven und beantwortet zehn Fragen. Dies kann zu jeder Uhrzeit verschickt werden. Der Arzt und die Ärztin kann asynchron die Diagnose erstellen und den Bericht in Patientensprache online zukommen lassen. Der Prozess dauert 3-5 Minuten und die Antwort des Arztes/der Ärztin ist im Schnitt nach vier Stunden per PDF erhalten. Die Therapie kann in der Regel am gleichen Tag starten. Die App ist passwortgeschützt. Das Rezept kann dann jeweils ebenfalls eingefordert werden.

Normalerweise haben wir die Perspektive in 3D. Ein Foto von 30 cm dann 10 cm Entfernung und dann ein Foto mit der Kippung um 45 Grad, um die Wölbung der Haut zu erkennen. Bei schlechter Qualität der Fotos wird der Patient/ die Patientin per Push-Nachricht über die genauen Anforderungen der Bilder benachrichtigt (Rückkamera, gute Beleuchtung). Da die Fotos unser elementarstes Instrument zur Diagnosestellung sind, achten wir penibel darauf, dass die Qualität sehr gut ist.

Die Auflösung der Videoqualität ist schlechter, wie bei einer Fotoaufnahme. Weiter bestehen sehr viele Geschlechtskrankheiten. Die Hemmschwelle ein Foto aufzunehmen ist niedriger als vor Ort die Genitalien vorzuzeigen. 

Das sind die Standardfragen, die jeder der Hautärzte vor der Diagnose stellt, wie “Wie lange besteht die Hautveränderung, haben Sie Allergien, haben Sie Haustiere, wurde dies schon mal behandelt?“. Diese Fragen lassen eine Kategorisierung zu. Wir brauchen Informationen vorweg. Am Anfang kann der Patient und die Patientin schon an, welche Hautveränderung er vermutet. Je nachdem werden die Fragen angepasst.

Obwohl wir Online sind, arbeiten wir mir lokalen Apotheken zusammen. Wir stellen dem/der PatientenIn ein Rezept aus, wobei er/sie wählen kann zu welcher Adresse (nach Hause oder Wunsch-Apotheke) das Rezept geschickt werden soll. Das Rezept kann normal eingelöst werden. Es Handel sich um ein Privatrezept. Privatversicherungen übernehmen die gesamten Kosten des Rezepts. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Medikamentenkosten. Die 25 Euro Behandlungsgebühr werden nicht bezahlt, da dieses neue Verfahren (Bild-Text-Verfahren) noch keine Abrechnungsziffer besitzt. Videosprechstunden jedoch könnte man schon abrechnen. Wir haben 90% gesetzliche Krankenversicherte, die unsere Dienstleistung in Anspruch nehmen. Wir verzichten lieber auf die Videosprechstundenabrechnung und verfolgen eine klare Linie. Bei Patientenbefragungen zeigte sich, dass die Patienten bereit sind, 25 Euro out-of-pocket zu bezahlen.

Die E-Rezeptlösung ist noch nicht flächendeckend angekommen. Wir warten und nehmen lieber noch den analogen Weg.

Ja, aber das Rezept ist nur in den EU-Ländern akzeptiert. Wir haben einige Anfragen vom Ausland. Viele Patienten möchten einfach eine Diagnose zur Erleichterung. Dafür nehmen sie gerne 25 Euro in Kauf.

Normalerweise denkt man, dass die jüngere Generation digital affiner ist. 40% der Dienstleistungsnehmer sind im 25 -35 Lebensjahr. Die restlichen 60% verteilen sich zu älteren und sehr viel jüngeren Patienten, was daran liegt, dass die Eltern als auch die Kinder für Kinder und Eltern Fotos an uns schicken. Von 0-90 Jahren haben wir alle Altersgruppen bedient. Die Digitalisierung eine globale Diagnoseerstellung und bietet eine sehr hohe Hilfeleistung somit.

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