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Fabian Bischof – Mit der Lean A3-Methode vom Blatt Papier zur Problemlösung

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Gast der 4. Episode in der Spezial-Reihe «Lean Healthcare mit Alfred und Patrick» ist Fabian Bischof. Der Head of Competence Center Hospital Planning bei Walker Project war viele Jahre Patrick Betz’ Kollege und ist sowohl Experte für Lean als auch Design Thinking. Heute beschäftigt er sich vor allem mit der Thematik Spitalbau und wie man bei einem Neubau das Spital mit Blick auf die zugrundeliegenden Prozesse optimal planen kann. Passend dazu stellt der Walker Project Berater eines seiner Lieblingsinstrumente des Lean dar – bekannt unter der Bezeichnung A3-Methode – und erklärt den Zuhörenden Schritt für Schritt und anhand vieler Beispiele, wie man von einem einfachen A3-Papier zu einer erfolgreichen Problemlösung nach Lean gelangen kann. Hinter A3 verbirgt sich dabei eine visuelle Hilfestellung, um Problemsituationen nachhaltig anzugehen, die sich am PDCA-Zyklus orientiert.

Hören Sie in diese Podcast-Episode und erfahren Sie, wie diese Methode beispielsweise dabei helfen kann, Wartezeiten im Spital zu kürzen und auch Lösungen für viele weitere Problemstellungen bereithält.

Weiter empfiehlt es sich, einen Blick in dieses Lieblingsbuch von Fabian Bischof zu werfen: «Das unendliche Spiel» (2019) von Simon Sinek und auch unser Beitrag zur A3 Methode (https://www.leanhealth.ch/transformation/what/tool.php?ID=1) verspricht eine gute Übersicht.

Fragen und Antworten

Nach walkerproject wechselte er kurz zu einer Digitalagentur. Seit 2015 ist er zurück bei walkerproject und hat seitdem viel im Bereich Krankenhausbau gemacht. Hier ist es wichtig, dass die Prozesse passen. Sie sollten "lean" sein, damit die richtigen Leute die richtigen Dinge tun.

In seinem Bachelorstudium studierte er internationale Beziehungen, und trotz des geringen Anteils an betriebswirtschaftlichen Studien interessierte ihn das am meisten. In seiner Abschlussarbeit hat er sich dann mit dem Thema "Die Anwendung von Lean-Prinzipien im Dienstleistungssektor" beschäftigt.

Das Gesundheitswesen ist ein klassischer Dienstleister, und vieles aus dieser Lean-Welt funktioniert wunderbar, auf der Ebene der Prinzipien oder der Werkzeuge, um eine Organisation weiterzuentwickeln und voranzubringen.

Ein A3 ist eine Hilfsstruktur, um Problemsituationen anzugehen. Es besteht aus einem Teil der Analyse, Planung, Überprüfung und nachhaltigen Sicherung.

Der Name kommt von dem DIN-Format A3. Ein Berater bei Toyota sagte, wenn man Probleme anpackt, muss man sie auf einer Seite darstellen können. Nur dann ist es einfach genug und ausreichend verständlich, um es in angemessener Zeit zu erfassen. Toyota hat sich dann für das A3-Format entschieden.

Das A3 enthält die PDCA-Phasen. Die erste Hälfte befasst sich mit der Planungsphase, dann geht es weiter mit Do, Check und Act. Der Schwerpunkt liegt auf der Planungsphase, um zu verstehen, wie die Situation ist. So ist es wichtig den Kontext und das Problem zu erfassen und dies sauber zu formulieren. Der nächste Schritt besteht darin, die Relevanz herauszuarbeiten, und im Idealfall hat man mit diesen beiden Schritten ein gut beschriebenes Problem. Wichtig ist, dass mit Fakten gearbeitet wird.

Am Beispiel des Notfalls stellt sich die Frage, ob die Daten bereits vorhanden sind oder ob man sie selbst erhebt. Im Idealfall wird beides genutzt. Im zweiten Schritt wird der Soll Zustand beschrieben z.B. «time to doctor» innerhalb von 20 Minuten».

Fabian sieht nur das P auf der linken Seite, aber hier bist du frei in der Gestaltung.

Der vierte Schritt für das P ist eine Methode, bei der man sich fragen muss: "Wie ist es heute, wie soll es werden und was ist der Unterschied? Die Ursachen für den Unterschied sind zu gewichten und zu priorisieren.

Das hängt an vielen Faktoren. Wenn der Status quo eine Stunde " time to doctor" erfordert, dann sind 20 Minuten sehr radikal und erfordern einen Systemwechsel. Wenn ich A3 vorantreibe, habe ich in der Regel ein Problem, bei dem dieses "10 Prozent gehen immer" im Vordergrund steht, oder ich habe ein so grosses Volumen, dass die 10 Prozent tatsächlich einen grossen Unterschied im Alltag machen.

Dann gibt es sehr unterschiedliche Quellen für diesen angestrebten Zustand. Es kann sein, dass das Team selbst Ambitionen hat. Auch die Wissenschaft kann eine Rolle spielen und andere Institutionen können inspirierend wirken.

Nachdem die zentralen Ursachen ermittelt und priorisiert wurden, gilt es, vorrangig für diese Gegenmassnahmen zu definieren und zu testen. Dazu werden die Verantwortlichen und der Zeitraum festgelegt. Hier befinden wir uns noch im DO-Bereich. Erst dann folgt der Check-Block, in dem die Überprüfung der Massnahmen festgelegt wird. Bei den Wartezeiten kann man einfach die jeweilige Zeit messen, z.B. "time to doctor".

Beim Design Thinking ist dies die Maxime. Das Testen ist insofern sinnvoll, als dass die Massnahme erst dann wirklich umgesetzt wird, wenn wir wissen, dass sie funktioniert.

Das macht durchaus Sinn, aber man sollte darauf achten, dass nicht alle bekannten Massnahmen, die in der Vergangenheit nicht funktioniert haben, komplett verwirft, sondern dass darüber nachgedacht und daraus gelernt wird.

Wenn man ärztliche Kompetenz früh in den Prozess zum Patienten bringt, verkürzt sich die Kennzahl «time to doctor» für Patienten die in der Notfallstation landen.

Die Lösung ist institutionalisiert. Sie kann als Standard formuliert und in den neuen Prozess integriert werden. Sie kann auch als Trainingslager eingerichtet werden. Dies dient dazu, die Aufgaben und Erwartungen der Rollen an die jeweiligen Teammitglieder zu simulieren. Es kommt darauf an, ob es einer Beschreibung bedarf und für alle leicht verständlich ist oder ob es sich um etwas Neues handelt, das etwas mehr braucht. 

Aus der Sicht von Fabian sollte es zur Kommunikation auf einem Stück Papier landen.

Besitzer sind möglicherweise Personen von der Station selbst. Dieser ist der Prozessowner und treibt das Thema vorwärts. Denkbar ist auch, dass solch ein Besitzer in der Unternehmensentwicklung sitzt und das Team unterstützt ein solches Vorhaben voranzutreiben und methodisch zu begleiten. Dieser kann auch als Moderator auftreten.

Die Erlebbarkeit ist besonders auf der Ebene der Prozesse wichtig. Bei neuen Arbeitsprozessen helfen oft Rollenspiele. Hier wird gemeinsam mit den Menschen etwas entwickelt, um später mit den Teams ganze Prozesse zu trainieren. Das funktioniert sehr gut bei neuen Dingen und wenn ein ganzes Team beteiligt ist. Wenn jemand einzeln anfängt, dann macht man kein weiteres Rollenspiel für diese einzelne Person. Wenn jedoch ein gutes Onboarding geplant ist, gibt es Videoformate oder Begleitung "on the job", z.B. in Form von Shadowing.

Ein Veterinärspital, das starke Reibungen an der Schnittstelle zwischen Chirurgie und Anästhesie hatte. Sie haben bereits viele Dinge ausprobiert und umgesetzt, die nicht funktionieren wollten. Fabian wurde gebeten, diesen Prozess zu moderieren.

Die beiden Teams des Krankenhauses hatten kulturelle Schwierigkeiten sowie das Problem der gegenseitigen Schuldzuweisung. Bei der Analyse der Ausgangssituation standen nur wenige Daten zur Verfügung, um diese über einen längeren Zeitraum darzustellen. Dann ging es darum, einen gemeinsamen IST- und SOLL-Zustand zu definieren. Die Annäherung der beiden Gruppen führte zu der Definition, wann der OP bereit sein sollte und welche Patienten für den ersten Block eingeplant werden sollten. In der Ursachenanalyse wurden die Themen der IST-Analyse nochmals priorisiert. Hier kristallisierte sich die pünktliche Anwesenheit heraus. Ein Thema der Disziplin und des optimalen Zeitmanagements. In der Massnahmenanalyse wurde entschieden, wie der OP-Plan und die Personalpläne aussehen sollen.

Nein, denn die Unternehmen wissen, wonach sie suchen, wenn sie die Beratung buchen.

In der Schweiz wird das A3 eher weniger genutzt, um eine Strategie über alle Ebenen hinweg zu kommunizieren. Das Interessante ist, dass diese strategischen Ziele meist operativ sind. Diese werden dann auf verschiedene Ebenen heruntergebrochen, wie z.B. die Notfallstation, wo man z.B. die Patientenzufriedenheit erhöhen will. Dann gibt man das als strategisches Ziel vor und kommuniziert das mittels dem A3 an die verschiedenen Fachbereiche oder Kliniken. Die einzelnen Teams auf den verschiedenen Ebenen überlegen dann, was ihr Beitrag zur Erreichung des Ziels ist.

Ja, absolut. Für eine Institution wie ein Spital, das aus sehr unterschiedlichen Geschäftsbereichen besteht, ist es für viele Spitäler eine grosse Kunst, auf dieselben Ziele hinzuarbeiten und dieselbe Strategie zu verfolgen, und es braucht Instrumente, um diese gemeinsame Richtung zu definieren und aufzuschlüsseln. Ob es sich dabei um die A3 oder einen ähnlichen Ansatz handelt, ist unerheblich. Aber die Aufschlüsselung, das Feedback und vor allem die Feedback-Schleifen sind wichtig, um die Informationen auf die nächste Ebene zu bringen und um Feedback geben zu können.

Das Methodenbuch ist kein fester Bestandteil seines persönlichen Lebens. Er nutzt jedoch bestimmte Denkweisen, wie z. B. mentale Kanban-Karten beim Einkaufen, damit ein bestimmter Vorrat immer vorrätig ist. Frische Sachen versucht er «Just-in-Time» einzukaufen, was ihm bisher nicht immer so gut gelingt.

Viele der niederländischen und skandinavischen Einrichtungen sind Vorreiter. Es ist stark mit dem Thema "Vergütung" verbunden. Überall dort, wo das Gesundheitssystem einen starken Anreiz hat, mit den vorhandenen finanziellen Mitteln möglichst viel Wert zu schaffen, sind die Prozesse auch schlank definiert. Der Nachteil dabei ist, dass in Krisensituationen wenig Reserven vorhanden sind. Es ist somit sehr systemabhängig und auf Länderebene gibt es grosse Unterschiede.

Auch wenn es nicht "Lean» im engeren Sinne ist, passt es sehr gut zur Philosophie:

Simon Sinnek: Das unendliche Spiel – the infinite game.

Hier zeigt er eindrucksvoll, dass es nicht darum geht, kurzfristig der Gewinner zu sein, sondern darum, Unternehmen langfristig zu rüsten. Es geht um kontinuierliche Entwicklung und Wertschöpfung, denn die Bedürfnisse verändern sich.

Vier Jahre sind keine lange Zeit im Sinne von Lean. Das Thema wird sicherlich einen Schritt weiter sein. Ein Treiber dafür wird die Digitalisierung sein. In den letzten 20 Jahren wurde viel in den Bau investiert und eher wenig in die Digitalisierung. Bis 2025 werden wir eine deutliche Verschiebung in Richtung Digitalisierung vollzogen haben. Wir wissen, wenn wir schlechte Prozesse digitalisieren wollen, macht uns das nicht sehr glücklich. Wenn wir gut organisierte und schlanke Prozesse haben und das Betriebssystem prozessorientiert gut funktioniert, dann wird auch die Digitalisierung on top gelingen.

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